Gedichte und Gedanken


trauer frißt seele an und spuckt die reste wieder aus,
wut hinterläßt schmutzige fußabdrücke in meinem inneren,
wunden noch immer nicht verheilt, fressen sich ins gewebe,
mauern sollen schützen und halten ihr versprechen nicht,
worte könnten helfen, aber der mund bleibt stumm.

kopf ist verbunden mit all den teilen in die das ich zersprungen ist.

um diese festzuhalten.
das selbst beherbergt seine seltsamen gäste wie eine herberge am rande der stadt.







ich
das ist
unbekanntes
vertrautes
unheimliches
suchen
finden
ertragen müssen
unerträgliches
zornig sein
(1998)












meine mutter – das monster im schafspelz

Auf samtig weichen pfoten getarnt mit einem schafspelz 
so kommt sie angegrochen 
und flüstert mit leiser zischender stimme in mein ohr: 
halt bloß den mund du kleiner toor, 
keiner wird die glauben schenken und wie du weißt
ist es mir ein leichtest 
dir die arme zu verrenken 
und wenn du dann schreist vor schmerz 
werd ich dir mit einigen schlägen 
das schreien schon austreiben 
und denk gar nicht erst daran, 
dir die augen zu reiben 
für jede tränne werd ich dich strafen 
bist du zerbrichst und nicht mehr in der lage bist 
noch einmal weg zu laufen
Drum sei schön still, weil wirklich keiner deine schreie hören will!
Auf samtig weichen pfoten getarnt mit einem schaffspelz 
so kommt sie angegrochen…












ach war ich ein ruhiges kind
geboren und nicht gewollt
bekam ich damals schon von ihr den hintern versohlt
ach war ich ein ruhiges kind
hatte halt früh gelernt,
wie man sich benimmt.
ich war kaum fünf,
da hat er sich genommen
was ihm brauchbar erschien am kind
das kind wurde größer
und ebenso seine verstöße gegen ein gesetz,
das mal jemand gegen kindesmissbrauch erfand.
ach war ich ein ruhiges kind,
hatte halt früh gelernt,
welche spiele er gut fand.
um so älter ich wurde
um so weniger hatte ich worte,
für das, was man kindheit nennt,
welche aus schlägen, missbrauch und demütigung bestand
ach war ich ein ruhiges kind
hatte gelernt zu schweigen
und keinem zu zeigen,
welche wunden den körper und die seele
zerbrechen ließen in tausende teile,
zwischen denen ich mich nicht mehr wieder fand.
ach war ich ein ruhiges kind…






wenn ich den mund aufmache

wenn ich den mund aufmache
fehlt mir jede sprache
hab keine worte
erstarre
wenn ich den mund aufmache
stell ich mir manchmal vor
mit einem gellenden schrei
bräche es aus mir hervor
wenn ich den mund aufmache
erwarte ich schläge
und sätze, die mich der lüge bezichtigen
und das der andere sich umdreht und geht
wenn ich den mund aufmache
und versuche etwas zu sagen
kommen jetzt manchmal gestammelte sätze
über die dinge, die verletzten und mich zum schweigen brachten.






für manche Dinge scheint es schwer fast unmöglich Worte zu finden


Eines davon:

Dein Tod

Wie hätte ich es sagen sollen

Die Wut, Verzweiflung, all der Zorn

Die Trauer um dich

Bei dem Gedanken daran,

wie du da liegst

auf den Gleisen

der S-Bahn

viel später,

als die Trauer in mir

um dich

um mich

um uns alle

langsam weniger unerträglich wurde

bemerkte ich die Stille

Begriff ich die Wortlosigkeit

Mit der all das geschah.

Dem versuchte ich durch reden zu begegnen.

  










dreh dich dreh dich

Blinde Kuh

so wird aus einem Kinderspiel

blutiger ernst

sie binden dir die Augen zu

schlagen zu

treffen den Kinderkörper und die Seele noch dazu

dreh dich dreh dich

blinde Kuh



dreh dich dreh dich

Blinde kuh

halten dir die Münder zu

das kein Schrei dringt nach außen

das keiner hört

wie das Kind so langsam stirbt

dreh dich dreh dich

Blinde Kuh



dreh dich dreh dich

Blinde Kuh

nachts spielen dunkle Schatten mit dem Kind

und wenn sie damit fertig sind

schlagen sie wieder zu

dreh dich dreh dich

Blinde Kuh



dreh dich dreh dich

Blinde Kuh

bin erwachsen und doch noch Kind

hab gelernt den Mund zu halten

stumm und starr es auszuhalten

dreh dich dreh dich

Blinde Kuh



dreh dich dreh dich

Blinde Kuh

jetzt nutzen sie als Waffe

das Schweigen und entgehen so der Strafe

sind sich sicher

das dem Kind keiner glaubt

dreh dich dreh dich

Blinde Kuh

wir halten dir weiter Mund und Augen zu



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