OEG


1. Das Opferentschädigungsgesetz (OEG)
2. Die wichtigsten Fragen zum OEG-Antrag
3. Widerspruch nach Ablehnung / Beweiserleichterung nach §% KOVVfG / Glaubwürdigkeitsprüfung 
4. Du hast ein Recht auf Anerkennung!
5. weiterführende Links und Literatur



1. Das Gesetz

Das Opferentschädigungsgesetz ist seit Mai 1976 in Kraft.
Das Opferentschädigungsgesetz (OEG) regelt die staatliche Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz für Personen, die durch einen Angriff auf sich oder einen Dritten oder durch dessen Abwehr einen Gesundheitsschaden erlitten haben.
Es hat folgenden Hintergrund: Der Staat hat ein Monopol bei der Verbrechensbekämpfung.
Daher ist er auch für den Schutz seiner Bürger vor Schädigungen insbesondere durch Gewalttaten verantwortlich.
Gelingt es nicht, Gewalttaten zu verhindern, muss die staatliche Gemeinschaft wenigstens für die betroffenen Opfer einstehen. (Volltext des Gesetzes: www.gesetze-im-internet.de/oeg/)

   

2. Die wichtigsten Fragen zum Opferentschädigungsgesetz

Kommt für mich ein Antrag auf Opferentschädigung in Frage?

Jede Form von erlittener sexueller und körperlicher Gewalt fällt unter die nach OEG gemeinten Straftaten.
 

Wo bekomme ich als Betroffener Informationen zum Opferentschädigungsgesetz?

Der direkte Ansprechpartner ist das für dich zuständigen Versorgungsamt in deinem derzeitigen Wohnort.
Wichtig dabei nur, tatsächlich bearbeitet wird der Antrag dort, wo die letzte Tat stattgefunden hat.
Weitere Ansprechpartner sind Beratungsstellen, Therapeuten, Sozialarbeiter. Informationen findest du auch
im Internet, wenn du das entsprechende Stichwort in eine Suchmaschine eingibst.
 

Kann ich den Mitarbeitern beim Versorgungsamt vertrauen?

Grundsätzlich unterliegen die Mitarbeiter beim Versorgungsamt einer Schweigepflicht. Von dieser musst du sie jedoch entbinden, damit sie die notwendigen Nachforschungen anstellen können. Weitere Absprachen und Fragen solltest du in einem persönlichen Gespräch treffen.

 
Erstattet das Versorgungsamt Anzeige bei den Strafverfolgungsbehörden,
wenn es Kenntnis von einer vergangenen Gewalttat erhält?

Nein.

 
Wie stelle ich einen Antrag nach dem OEG?

Es gibt ein hierfür vorgesehenes Formular, das du u.a. beim Versorgungsamt erhältst oder auch zum Download im Internet findest.
Eine weitere Möglichkeit ist die mündliche Antragstellung zur Niederschrift beim Versorgungsamt.
Der Antrag kann auch bei allen anderen Sozialleistungsträgern, zum Beispiel einer Krankenkasse oder
einem Rentenversicherungsträger, und in den Gemeinden abgegeben werden.
   

Wie lange dauert das Verfahren?

Die Bearbeitungszeit hängt vom Einzelfall ab. Die Bearbeitung der Verfahren kann bei manchen Sachverhalten einige Monate dauern, da es einige Zeit brauchen kann, notwendige Unterlagen von anderen Behörden und Einrichtungen zu sichten.
Bei eindeutigen Sachverhalten ist nach sorgfältiger Prüfung eine schnelle Entscheidung über den Antrag möglich.

   

Welche Leistungen sind möglich bei Bewilligung des Antrages?

Es gilt der Grundsatz "Rehabilitation vor Rente".
Das bedeutet, dass der Anspruch auf Heilbehandlung für gewaltbedingte Gesundheitsstörungen im Vordergrund steht.
Diese Leistungen werden generell zuzahlungsfrei und ohne Eigenbeteiligung gewährt.
Zudem hast Du Anspruch auf Leistungen zur gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitation.
Nur bei schwerwiegenden unddauerhaften Gesundheitsstörungen kann auch die Gewährung einer Rente in Betracht kommen.

 
Warum bekomme ich kein Schmerzensgeld?

Der Gesetzgeber hat bei der geltenden Fassung des Opferentschädigungsgesetzes keine Zahlung von Schmerzensgeld vorgesehen.

 
Muss ich unbedingt alle Fragen im Antragsvordruck beantworten?

Die Antworten im Antragsvordruck benötigt das Versorgungsamt für die Sachverhaltsaufklärung.
Die Fragen, die du nicht verstehst oder nicht beantworten kannst, lass frei.
Du kannst dem Antrag auch eine formlose Erklärung anfügen, warum du bestimmte Fragen nicht beantworten kannst.

 
Kann ich auch Leistungen nach dem OEG beanspruchen, wenn ich den Täter nicht benenne?

Grundsätzlich bist du im Rahmen deiner Mitwirkungspflicht angehalten, alle Tatsachen anzugeben,
die für den Leistungsanspruch erheblich sind. Leistungen nach dem OEG können abgelehnt werden,
wenn du als Geschädigter es unterlassen hast, das dir Mögliche zur Aufklärung des Sachverhaltes
und zur Verfolgung des Täters beizutragen. Soweit dir die Benennung des Täters aus wichtigem
Grund nicht zugemutet werden kann, kann auf dessen Namen ausnahmsweise verzichtet werden.
Diese Gründe sind dem Versorgungsamt darzulegen, welches dann prüft, ob dir die Leistungen trotz fehlender Namensbenennung in diesem Ausnahmefall zustehen.

 
Wie lange darf eine Gewalttat höchstens zurückliegen, um einen Anspruch auf Hilfe nach dem OEG zu haben?

Generell hast du einen Anspruch auf Opferentschädigung. Eine Verjährung gibt es nicht.
Es gibt aber verschiedene Stichtage. :
„Für Schäden, die sie in der Zeit vom 23. Mai 1949 bis zum 15. Mai 1976 - bzw. in den neuen Ländern
bis zum 2. Oktober 1990 - erlitten haben, steht Versorgung nur unter bestimmten Voraussetzungen zu.
Nähere Auskünfte erteilen die Versorgungsämter.
Für Schäden, die sie am oder nach dem 16.Mai 1976 erlitten haben, können sie generell eine Entschädigung beantragen, da das Gesetz Entschädigung für diejenigen Schädigungen vorsieht, die von einer Tat herrühren,
welche nach Inkrafttreten des Opferentschädigungsgesetztes begangen wurden.

 
Welche Beweise muss ich erbringen?

Prinzipiell muss ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Anlass der Antragstellung (z.b. Gesundheitsschädigung durch...)
und den als Ursachen benannten Straftaten bewiesen werden. Hierzu fordert das Versorgungsamt alle in Frage kommenden und verfügbaren Unterlagen z.b. von Jugendämtern, Justizbehörden, therapeutischen und medizinischen Einrichtungen an.
Ebenfalls werden in Frage kommende Zeugen ( evtl. auch Täter) angeschrieben.
Eine Sonderregelung kann zur Beweiserleichterung nach § 15 Vf-KOV führen beim unverschuldeten Fehlen von Beweisen durch eine Glaubwürdigkeitsprüfung des Antragstellers.
(Ein widersprüchliches Problem ist allerdings die als Traumafolge anerkannte Gruppe der Dissoziativen Störungen, die evtl. einer Glaubwürdigkeitsprüfung entgegen steht. Es gibt mittlerweile Gerichtsurteile zu OEG-Verfahren und Dissoziativen Störungen.)

   


3. Widerspruch nach Ablehnung / Beweiserleichterung nach§15 KOVVfG / Glaubwürdigkeitsprüfung

Solltest du einen Ablehnungsbescheid deines Antrages erhalten, hast du das Rechts, dagegen Widerspruch einzulegen.
Dafür musst du jedoch bestimmte Fristen einhalten. Diese findest du in der Rechtsbehelfsbelehrung, die dem Bescheid beigefügt ist.
In einem solchen Fall solltest du dich aber rechtlich beraten lassen. Dies kannst du bei einer Anwältin oder einer Beratungsstelle. Die Kosten für eine Beratung durch eine Anwältin kannst du, solltest du sie nicht selber tragen können, auch über einen Beratungsschein abrechnen lassen. Diesen musst du beim Amtsgericht deines Wohnortes beantragen.
Dort musst du aber nur den Anlass benennen, also warum du die Hilfe einer Anwältin benötigst,
sowie deine finanzielle Situation darlegen. Oder aber du fragst beim „Weißen Ring“ nach, ob die die Kosten für eine solche Beratung übernehmen bzw. dich rechtlich beraten können. (Adresse unter „Hilfreiches“)

 
§15 KOVVfG: Den Volltext findest du unter dem entsprechenden Link auf der Seite "Hilfreiches"

Die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen sind, wenn die Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen sind oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verloren gegangen sind, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen.
Die Verwaltungsbehörde kann in besonderen Fällen von dem Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangen, dass er bei seinen Angaben nach besten Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.



4. Du hast ein Recht auf Annerkennung!

Viele Anträge auf Opferentschädigung mit dem Hintergrund von Gewalt, die die Betreffenden als Kind oder Jugendliche erfahren haben, werden mit dem ersten Bescheid abgelehnt. Häufige Begründungen sind fehlende Beweise, Unterlagen bzw. Strafanzeigen, unklare Aussagen zu den Tätern. Das macht wütend und hilflos, ist erneut verletztend.
Meinen Antrag auf Opferentschädingung habe ich im Herbst 2004 gestellt. Anfang 2006 kam die Ablehnung mit folgender Begründung:

„Es ergibt sich kein Nachweis, dass Sie in den Jahren 1975-1995 infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen Ihre Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben.“„Die von Ihnen gemachten Angaben zum Tatgeschehen reichen allein als Nachweis für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des §1 OEG nicht aus.“„Nach dem auch im OEG geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast hat die Folgen der Beweislosigkeit derjenige zu tragen, dem es nicht gelingt, die rechtserheblichen Tatsachen, aus denen der ein Recht herleiten will, zu beweisen. Eine Beweisregelung dahingehend, dass die anspruchsbegründeten Voraussetzungen im Zweifel zugunsten des Geschädigten als erfüllt anzusehen sind, gibt es im sozialen Entschädigungsrecht- und damit auch im OEG- nicht.“


Ich habe dagegen Widerspruch eingelegt. Derzeit warte ich auf einen Gerichtstermin.
Auch mein Antrag auf Prozesskostenhilfe wurde im Herbst 2011 abgelehnt. Hiergegen habe ich mit Hilfe einer Anwältin erfolgreich Widerspruch eingelegt.

Im Sommer 2013 hätte es nun endlich einen Termin beim Sozialgericht geben sollen, meinen Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid des OEG-Antrages betreffend. Das sind dann volle 9 Jahre nach Antragstellung. Ich habe mich letztendlich dazu entschieden, das Verfahren an diesem Punkt einzustellen.
In der Vorbereitung wurde deutlich: der zugewiesene Richter war offensichtlich nicht bereit, auf die frühe familiäre Gewalt einzugehen, die Anlass der Antragstellung war. Seine einzige offene Frage dazu war: Warum ich damals keine Anzeige erstattet hätte. Weder die Mutter noch andere noch lebende Familienangehörige wurden zu der Verhandlung vorgeladen.
Vorgeladen wurde lediglich ein Einzeltäter, dem ich zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt begegnet war. Es konnte mir nicht zugesichert werden, das mit meinen persönlichen Daten sensibel umgegangen würde. Ich musste somit befürchten, das mit dieser Gerichtsverhandlung:
-mein Gefühl, mittlerweile in einem relativ sicheren Umfeld zu leben zumindest verunsichert würde, evtl. tatsächlich in frage gestellt worden wäre.
-Ich mir gefallen lassen müsste, das ein Richter , der schon im Vorfeld eine Meinung zu meinem Fall zu haben schien, mich durch Fragen (z.B. warum ich mit 18 die Täter nicht angezeigt hätte) einerseits wie durch Ausschluss von Antragsinhalten andererseits nicht zu Wort kommen lässt.
Somit wäre dies eine Wiederholung meiner Erfahrungen , das das jemand seine Macht nutzt, mir mein erleben von Gewalt in Abrede zu stellen und stattdessen eine eigene Darstellung zu etablieren.

Mein Gerechtigkeitsempfinden lässt mich dagegen aufbegehren. Wie kann es sein, das die individuelle Haltung eines Richters schon im Vorfeld den Ausgang des Verfahrens erahnen lässt? Wieso darf ein einzelner Richter teile meines Antrages einfach von der Verhandlung ausschließen? Ausgerechnet all die Antragsinhalte die sich auf die Diagnose dissoziative Identitätsstörung beziehen,  welche im Rahmen von OEG-Verfahren schon zu positiven Gerichtsentscheidungen geführt hat? Wieso muss ich mir Fragen gefallen lassen, wie etwa, warum ich die Täter nicht frühzeitig angezeigt hätte, die mittlerweile vielfach diskutiert sind und mir unterstellen, ich hätte zum damaligen Zeitpunkt diese Möglichkeit gehabt, wenn ich "nur" gewollt" hätte.
Warum gibt es in der Bundesrepublik im Jahre 2013 noch  immer einen solchen Umgang mit Opfern von familiärer und sexualisierter Gewalt, wo Hochglanz-Kampanien die Bahnhöfe, Medien und Webseiten der zuständigen Behörden zieren!?
Ich hätte den Verfahrensweg weiter beschreiten können, gegen einen ablehnendes Gerichtsurteil Widerspruch einlegen und in die nächste Instanz gehen  können, Gutachten und Gutachterfragen ertragen können,  mein Sicherheitsgefühl erneut erarbeiten können. Aber ich habe keine Kraft mehr, weitere Jahre mit diesen Dingen zuzubringen.
Und in meinem Leben gibt es mittlerweile verschiedenes , das mir zu wertvoll ist, um es durch die Fortsetzung dieses Verfahrens in Frage zu stellen oder zu gefährden.

Ich hätte denen, die Täter waren und auch dem Richter gern aufrecht gegenüber gestanden, in die Augen gesehen und bewiesen, ich bin, trotz allem, mitten in meinem Leben.




5. weiterführende Links und Literatur

www.rue94.de/downloads/kein_recht_fuer.pdf
(K)ein Recht für Opfer sexualisierter Gewalt
das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten von Frau Dr. Gudrun Doering-Striening

www.rue94.de/Opferrecht-in-Essen
Homepage der Anwältinnen Frau Dr. Gudrun Doering-Striening (Fachanwältin für Familienrecht / für Sozialrecht) und Frau Imke Schwerdtfeger (Fachanwältin für Familienrecht) u.a mit vielen Informationen zu Opferrecht

www.rue94.de/Downloads
Downloadbereich o.g. Homeage, u.a. mit vielen Themen zu Opferecht, OEG, Prozeßkosten

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